Tobias - traurig glücklich sein

...klingt komisch, aber das kommt unseren Gefühlen am nächsten. Anfang Januar 2009 erblickte unser Sohn Tobias das Licht der Welt. Eigentlich ein Wunder. Eine erneute Schwangerschaft war eher unwahrscheinlich, da ich kurz zuvor bei einer Eileiterschwangerschaft Baby und Eileiter verlor. Die Freude war groß, als es doch gleich wieder klappte. In der 5.Woche gab es jedoch Probleme mit den Hormonen. Wäre das nicht aufgefallen, wäre Tobias heute nicht da. In der 12. Woche musste ich dann wegen Blutungen ins Krankenhaus. Aber Tobias blieb.

Nachdem ich stundenlang mit meinem Mann an meiner Seite gekämpft habe und es dann doch wieder ein Kaiserschnitt wurde, waren wir überglücklich, endlich unser Baby in den Armen zu halten. Einige Zeit später kam unsere Ärztin zu uns und sagte, wir hätten ein besonderes Kind. Mein erster Gedanke war: " Klar haben wir das, ist ja auch unseres!". Irgendwie dachte ich mir aber auch schon, dass es das nicht gewesen sein konnte, was sie sagen wollte. Was sie dann noch sagte, weiß ich nicht mehr. Aber als die Botschaft bei mir ankam, war es natürlich schlimm. Aus dem Heulen kam ich im Krankenhaus nicht mehr raus, zumal dort noch viele andere, "gesunde" Kinder lagen. Es war schwer zu ertragen.

Überrascht war ich aber komischerweise nicht, dass Tobias anders ist. In der Schwangerschaft kaufte ich mir ein Buch, in welchem Mütter über sich und ihre Kinder mit Down Syndrom berichteten. Dort gab es auch viele schöne Fotos.

Irgendwie sah ich das Buch und musste es haben. Immerwieder kehrten meine Gedanken zu dem Thema zurück, aber Alarmglocken gingen nicht los. Geändert hätte es allerdings auch nichts, wenn wir es vorher gewusst hätten. Wir hatten uns gegen eine Fruchtwasseruntersuchung entschieden, da wir das Leben gewählt haben.

Nun ist Tobias schon über 5 Monate alt, ist kerngesund und gar nicht so langsam, wie wir es erwartet haben. Mit viereinhalb Monaten konnte er sich auf den Bauch drehen. Er quietscht, er spielt, er lacht, weint und schreit. Er wächst gut und ist einfach nur ein ganz normales Baby. Alle sind erstaunt, wie gut er sich macht. Leider wird das nicht so bleiben, aber ich hoffe, er wird noch eine Weile gut voran kommen.

Quälend sind für mich die Gedanken daran, wie sein und unser Leben verlaufen wird. Wie selbständig wird er sein? Wird er wahrnehmen, dass er anders ist? Wird er darunter leiden? Wird er immer auf Betreuung angewiesen sein und wer wird das übernehmen, wenn wir mal nicht sind? Wird er mal alleine mit seinem Bruder draußen spielen können oder muss immer einer von uns dabei sein? Sollen wir für Integration kämpfen oder den vorgefertigten Weg gehen?Wie bringen wir es unserem großen Sohn bei? Werden wir genug Kraft haben? Und vieles mehr.

Unser Bekannten- und Verwandtenkreis hat Tobias ganz toll aufgenommen. Alle sind erleichtert darüber, wie wir damit umgehen, denn es macht es ihnen leichter, mit uns umzugehen. Wir verstecken ihn nicht und ich rede offen darüber und wie es mir damit geht. Das Leben ist mittlerweile irgendwie wieder normal geworden, allerdings anders normal. Wir sind glücklich mit Tobias, aber auch traurig. Ich tröste mich aber damit, dass Tobias unbedingt bei uns sein wollte, denn er hatte zweimal die Chance zu gehen.

Jetzt müssen wir einfach alles auf uns zukommen lassen.

Kristina